C72K – TV Wabern – Komm spiel mit uns…

C72K | 10. Februar 2025

C72K | 10. Februar 2025

Der Tag begann wie jeder andere. Die Sonne schlich sich durch die Fenster und warf lange Schatten auf das Sportgelände, als wir die Halle betraten. Es war der Duft von Schweiss und frischem Hallenboden, der uns sofort einhüllte, und das leise Murmeln der Zuschauer, die sich allmählich versammelten, stieg in unseren Ohren auf. Doch etwas war anders. Der gewohnte Klang von dribbelnden Bällen und den energischen Schritten der Spieler schien in der Luft zu hängen, als erdrückte ein unsichtbares Gewicht die Halle.

Unser Gegner, TV Wabern, stand bereits auf der anderen Seite des Spielfelds – eine Mannschaft, die wir gut kannten. Doch heute schien ihre Präsenz irgendwie intensiver. Ihre Gesichter, unschuldig und ruhig, spiegelten das gleiche Gefühl der Anspannung wider, das auch uns zu umhüllen begann. Sie waren bereit, es war keine Frage. Aber während wir uns dem Spielfeld näherten, schien die Luft selbst gegen uns zu arbeiten.

Und dann, fast übersehen, standen sie in der Ecke. Orlov und Evelin. Zwei stumme, unbewegliche Gestalten, die die Szenerie wie Puppen bevölkerten, eingefroren in einem Moment der Zeit, der sich nicht ändern wollte. Ihre leeren Augen durchbrachen die Stille der Halle mit einer Kälte, die selbst die härtesten Spieler in ihrer Bewegung hemmte. Kein Wort wurde gesprochen, kein Geräusch fiel, doch jeder spürte es. Ein Drang. Ein Flüstern.

„Komm, spiel mit uns…“

Die Worte hingen in der Luft, genauso wie das Gefühl, dass dieser Tag mehr sein würde als nur ein weiteres Spiel gegen Wabern.

Das Spiel
Die ersten Minuten vergingen wie im Nebel, der die Spieler umhüllte. Der Ball flitzte von einem Spieler zum nächsten, doch irgendetwas schien sich nicht richtig anzufühlen. Immer wieder wanderten ihre Blicke hinüber zur dunklen Ecke, zu den Puppen, die nichts taten, die nur sassen und schwiegen. Und dennoch war es, als ob ihre Stille die Halle füllte, als ob ihre Augen, auch wenn sie unbeweglich blieben, ein ständiges Gewicht auf die Spieler ausübten.

Es war kein lautes Drängen. Es war kein Befehl, den man hören konnte. Es war ein sanftes Ziehen, ein kaum bemerkbares Ziehen an den Fäden der Gedanken. „Komm, spiel mit uns…“, hallte es wieder, leise, fast wie ein Hauch im Wind. Der Ball sprang, der Körper drehte sich, aber der Kopf? Der Kopf war woanders, ein Ort, den man nicht betreten wollte, und doch immer wieder aufsuchte.

Es war nicht das Spiel selbst, das sie quälte. Es war das Gefühl, dass sie in einer anderen Realität gefangen waren – einer, die nicht nur auf dem Spielfeld existierte, sondern in ihren Köpfen, in den Schatten ihrer eigenen Zweifel. Orlov und Evelin sassen in ihrer Ecke und beobachteten, ohne sich zu rühren, und doch war ihre Präsenz überall. Die leisen Gedanken der Spieler schlichen sich zwischen die Passagen, wie ein Nebel, der sich in den Lücken des Spiels festsetzte. Immer wieder, wenn der Blick abschweifte, war da das unbestimmte Gefühl, dass ihre leeren Augen sie verfolgten. „Komm, spiel mit uns…“

Der Ball flog weiter, das Spiel ging weiter. Aber der Drang, weiterzuspielen, schien nicht nur aus den Anfeuerungen der Zuschauer oder dem Drang nach Sieg zu kommen – es war ein stiller Ruf, der aus den Tiefen ihrer eigenen Gedanken drang. Ein Flüstern, das sich nicht abschütteln liess. „Komm, spiel mit uns…“

Nach dem Spiel
Der Schlusspfiff. Der Sieg. Doch der Moment, in dem der Ball das Netz berührte, schien stiller als jeder andere. Das Team hatte gewonnen, aber die Luft in der Halle war nicht erfüllt von Jubel. Sie war erfüllt von einem schwer fassbaren Gefühl, das in den Köpfen der Spieler sickerte, als sie sich vom Spielfeld entfernten. Es war keine Angst, keine Panik, sondern ein stiller, kaum wahrnehmbarer Zwang – ein Drang, der sie nicht losliess, ein Sog, den sie nicht erklären konnten.

Orlov und Evelin waren immer noch da, in der Ecke, stumm, doch ihre Blicke, ihre leeren, starren Augen, verfolgten sie. Die Puppen hatten keinen Einfluss auf das Spiel, und doch hatten sie es durchzogen, wie ein unsichtbares Gewebe, das den Geist der Spieler umschlang, ohne dass sie es bemerkten. „Komm, spiel mit uns…“, flüsterte es in ihren Köpfen, wie ein Echo, das immer weiter hallte. Und jeder wusste, dass dieser Moment nicht das Ende war. Es war nur ein weiterer Anfang.

In der Umkleidekabine war es still. Jeder zog sich aus, doch die Gedanken flogen immer wieder zurück zu dem Moment, als sie auf den Spielfeldrand geblickt hatten und Orlov und Evelin in der Ecke sassen, ruhig, unbewegt. Doch ihre Anwesenheit, die durch den Raum schlich, war stärker als jeder Sieg. „Es ist, als ob sie immer da sind, als ob wir nie wirklich frei sind“, sagte einer der Spieler, doch die Worte schienen schwer und bedeutungslos, weil niemand wusste, wie man sich von diesem Gefühl befreien konnte.

„Komm, spiel mit uns…“, flüsterte es wieder, diesmal ohne Worte, nur ein Drang, ein stiller Ruf aus den Tiefen ihres Inneren. Ein Drang, der sie immer wieder zu diesem Spiel zurückbringen würde – zu einem Spiel, das nicht mit einem Schlusspfiff enden würde, sondern mit einem Flüstern, das immer weiterging: „Komm, spiel mit uns…“

Nachbemerkung: Unser Sieg war mehr als ein Punkt auf dem Zettel. Es war ein Sieg gegen etwas, das sich nicht messen liess, gegen eine Präsenz, die nie ganz verschwinden würde. Orlov und Evelin hatten gewonnen, indem sie nicht das Spielfeld beherrschten, sondern die Gedanken der Spieler. Und so wusste jeder, dass, egal wie viele Spiele sie gewannen, sie niemals wirklich frei wären. Denn die Puppen würden immer wieder rufen: „Komm, spiel mit uns…“